Das Lügen aber gegen den Geist ist eben dies,...
“Die zweierlei Stadien sind darin angegeben: Erstens das Stadium der Andacht, des Kultus, z. B. der Genuß des Nachtmahls; das ist das Vernehmen des göttlichen Geistes in der Gemeinde, in ihr hat der jetzt gegenwärtige, inwohnende, lebendige Christus als Selbstbewußtseyn Wirklichkeit.
Zweitens das Stadium des entwickelten Bewußtseyns, wo der Inhalt Gegenstand wird; hier fliegt dieser jetzige, gegenwärtige, inwohnende Christus um 2000 Jahre zurück, wird in einen Winkel von Palästina relegiert, ist als diese geschichtliche Person fern zu Nazareth, zu Jerusalem.
Analogisch ist es in der griechischen Religion; der Gott in der Andacht wird zur prosaischen Bildsäule, zu Marmor, - in der Malerei zu Leinwand oder Holz; es kommt zu dieser Äußerlichkeit. Das Nachtmahl ist lutherisch nur im Glauben, im Genusse ein göttliches, - nicht als Hostie noch verehrlich. So ist uns ein Heiligenbild nichts anderes als Stein, ein Ding.
Der zweite Standpunkt muß zwar der sein, womit das Bewußtseyn anfängt; es muß von dem äußerlichen Vernehmen dieser Gestaltung ausgehen, das Berichtetwerden an sich kommen lassen, den Inhalt ins Gedächtnis aufnehmen. Bleibt es aber dabei, so ist das der ungeistige Standpunkt. Auf diesem zweiten Standpunkt - in dieser historischen, toten Ferne - stehenbleiben, heißt den Geist verwerfen. Wer gegen den Heiligen Geist lügt, dessen Sünde kann nicht verziehen werden. Das Lügen aber gegen den Geist ist eben dies, daß er nicht ein allgemeiner - nicht ein heiliger - sei; d. h. daß Christus nur ein Getrenntes, Abgesondertes sei, nur eine andere Person als diese Person, nur in Judäa gewesen, oder auch jetzt noch ist, aber jenseits, im Himmel, Gott weiß wo, nicht auf wirkliche, gegenwärtige Weise in seiner Gemeinde. Wer von der nur endlichen, nur menschlichen Vernunft, den nur Schranken der Vernunft spricht, der lügt gegen den Geist; denn der Geist als unendlich, allgemein, sich selbst vernehmend, vernimmt sich nicht in einem Nur in Schranken, im Endlichen als solchem, hat kein Verhältnis dazu, - vernimmt sich nur in sich, in seiner Unendlichkeit. Man sagt: Die Philosophie erkennt das Wesen. Der Hauptpunkt ist hier dann dieser, daß das Wesen nicht ein dem Äußerliches ist, dessen Wesen es ist. Das Wesen meines Geistes ist in meinem Geiste selbst, nicht draußen. So beim wesentlichen Inhalt eines Buches:... ...”
(Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie / b. Verhältnis der Philosophie zur Religion) >>> Kontext
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