Viertens. Indem hierbei vorausgesetzt wird, daß diese Idee allgemeines Bewußtseyn, allgemeine Religion hat werden müssen, so liegt darin eine Quelle einer eigentümlichen Idee für das besondere Bewußtseyn. Die neue Religion hat die intelligible Welt der Philosophie zur Welt des gemeinen Bewußtseyns gemacht; Tertullian sagt, jetzt wissen die Kinder von Gott, was die größten Weisen des Altertums nur gewußt haben. Diese Idee behält und erhält die Gestalt für das vorstellende Bewußtseyn, in Form des äußerlichen Bewußtseyns - nicht die Form des nur allgemeinen Gedankens, das wäre sonst eine Philosophie der christlichen Religion; und dies ist der Standpunkt der Philosophie -, die Idee in der Form des Denkens, nicht wie die Idee für das Subjekt ist, an dieses gerichtet ist. Wodurch diese Idee als Religion ist, das gehört in die Geschichte der Religion, d. h. ihre Entwicklung, ihre Form; das müssen wir auf der Seite liegen lassen. Nur ein Beispiel ist jedoch hier anzugeben. Die sogenannte Lehre von der Erbsünde enthält dies, daß unsere ersten Eltern gesündigt haben, dies Böseseyn sei als eine erbliche Krankheit zu allen Menschen hindurchgedrungen und sei auf die Nachkommen äußerlicherweise gekommen als etwas Angeerbtes, Angeborenes, das nicht zur Freiheit des Geistes gehört, nicht seinen Grund darin hat; durch diese Erbsünde, heißt es weiter, habe der Mensch den Zorn Gottes auf sich gezogen.
a) Wenn sich nun an diese Formen gehalten wird, so sind darin enthalten zunächst die ersten Eltern der Zeit nach, nicht dem Gedanken nach; der Gedanke von diesen Ersten ist nichts anderes als der Mensch an und für sich. Was von ihm als solchem gesagt wird, was allgemein jeder Mensch an ihm selbst ist, dies ist hier in der Form des ersten Menschen, Adam; und bei diesem ersten Menschen zeigt sich die Sünde auch als etwas Zufälliges, vollends daß er sich habe verführen lassen, vom Apfel zu essen. Aber es ist dies gar nicht bloß vorgestellt, als habe er von der Frucht nur gegessen, sondern es ist der Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen; als Mensch muß er davon essen, sonst ist er kein Mensch, sondern ein Tier. Der Grundcharakter, wodurch er sich vom Tier unterscheidet, ist, daß er weiß, was Gut und Böses ist; so sagt denn auch Gott: "Siehe, Adam ist worden wie unsereiner, er weiß, was gut und böse ist." [1.Mose 3.22 >] Dadurch, daß der Mensch erkennt, daß er ein Denkendes ist, kann er nur den Unterschied von gut und böse machen; im Denken liegt allein die Quelle des Bösen und Guten: es liegt im Denken aber auch die Heilung des Bösen, was durch das Denken angerichtet ist.
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