Vorlesungen über die Ästhetik II. Die Handlung
“Der Bestimmtheit als solcher kommt als idealer die freundliche Unschuld engelgleicher himmlischer Seligkeit, die tatlose Ruhe, die Hoheit selbständig auf sich beruhender Macht wie die Tüchtigkeit und Beschlossenheit überhaupt des in sich selbst Substantiellen zu... ...
Selbst die ewigen Götter des Polytheismus leben nicht in ewigem Frieden. Sie gehen zu Parteiungen und Kämpfen mit entgegenstrebenden Leidenschaften und Zwecken fort und müssen sich dem Schicksal unterwerfen. Selbst der christliche Gott ist dem Übergange zur Erniedrigung des Leidens, ja zur Schmach des Todes nicht entnommen und wird von dem Seelenschmerze nicht befreit, in welchem er rufen muß: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?"; seine Mutter leidet die ähnliche herbe Pein, und das menschliche Leben überhaupt ist ein Leben des Streits, der Kämpfe und Schmerzen. Denn die Größe und Kraft mißt sich wahrhaft erst an der Größe und Kraft des Gegensatzes, aus welchem der Geist sich zur Einheit in sich wieder zusammenbringt; die Intensität und Tiefe der Subjektivität tut sich um so mehr hervor, je unendlicher und ungeheurer die Umstände auseinandergezogen und je zerreißender die Widersprüche sind, unter denen sie dennoch fest in sich selber zu bleiben hat. In dieser Entfaltung allein bewährt sich die Macht der Idee und des Idealen, denn Macht besteht nur darin, sich im Negativen seiner zu erhalten.
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