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Die Unendlichkeit des Schmerzes als ewiges Moment des Geistes:
Wirkliche Erlösung jenseits ungestörter Harmonie........
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“Der eigentliche Wendepunkt in diesem Leben Gottes ist das Abtun seiner einzelnen Existenz als dieses Menschen, die Passionsgeschichte, das Leiden am Kreuz, die Schädelstätte des Geistes, die Pein des Todes. Insofern es hier nun im Inhalte selbst liegt, daß sich die äußerliche, leibliche Erscheinung, das unmittelbare Daseyn als Individuum, im Schmerz seiner Negativität als das Negative zeige, damit der Geist durch die Aufopferung des Sinnlichen und der subjektiven Einzelheit zu seiner Wahrheit und zu seinem Himmel gelange, so trennt sich diese Sphäre der Darstellung am meisten von dem klassischen plastischen Ideal ab. Einerseits nämlich ist zwar der irdische Leib und die Gebrechlichkeit der menschlichen Natur überhaupt dadurch gehoben und geehrt, daß Gott selber es ist, der in ihr erscheint, andererseits aber ist es gerade dies Menschliche und Leibliche, das als negativ gesetzt wird und in seinem Schmerz zur Erscheinung kommt, während es im klassischen Ideal die ungestörte Harmonie mit dem Geistigen und Substantiellen nicht verliert. Christus gegeißelt, mit der Dornenkrone, das Kreuz zum Richtplatz tragend, ans Kreuz geheftet, in der Qual eines martervollen, langsamen Todes hinsterbend, läßt sich in den Formen der griechischen Schönheit nicht darstellen, sondern in diesen Situationen ist das Höhere die Heiligkeit in sich, die Tiefe des Inneren, die Unendlichkeit des Schmerzes, als ewiges Moment des Geistes, die Duldung und göttliche Ruhe.”
Vorlesungen über die Ästhetik/Dritter Abschnitt: Die romantische Kunstform/Erstes Kapitel: Der religiöse Kreis der romantischen Kunst/ 1. Die Erlösungsgeschichte Christi/c. Zufällige Partikularität der äußeren Erscheinung/ß) Kontext >>>
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“Ebenso zweckmäßig ist die Darstellung der Leidensgeschichte, der Verspottung, Dornenkrönung, des Ecce Homo, der Kreuztragung, Kreuzigung, Abnahme vom Kreuz, Grablegung usf. ...” >>>
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Im Grabe liegt wahrhaft der eigentliche Punkt der Umkehrung,
im Grabe ist es, wo alle Eitelkeit des Sinnlichen untergeht.
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“So kam die Christenheit in den Besitz des höchsten Gutes. Es wurde ein Königreich Jerusalem gestiftet und daselbst das ganze Lehnssystem eingeführt, eine Verfassung, welche den Sarazenen gegenüber sicher die schlechteste war, die man finden konnte. Ein anderes Kreuzheer hat im Jahre 1204 Konstantinopel erobert und daselbst ein lateinisches Königreich gestiftet. Die Christenheit hatte nun ihr religiöses Bedürfnis befriedigt, sie konnte jetzt in der Tat ungehindert in die Fußtapfen des Heilands treten. Ganze Schiffsladungen von Erde wurden aus dem Gelobten Lande nach Europa gebracht. Von Christus selbst konnte man keine Reliquien haben, denn er war auferstanden: das Schweißtuch Christi, das Kreuz Christi, endlich das Grab Christi wurden die höchsten Reliquien. Aber im Grabe liegt wahrhaft der eigentliche Punkt der Umkehrung, im Grabe ist es, wo alle Eitelkeit des Sinnlichen untergeht. Am Heiligen Grabe vergeht alle Eitelkeit der Meinung, da wird es Ernst überhaupt. Im Negativen des Dieses, des Sinnlichen ist es, daß die Umkehrung geschieht und sich die Worte bewähren: "Du lässest nicht zu, daß Dein Heiliger verwese"1) . Im Grabe sollte die Christenheit das Letzte ihrer Wahrheit nicht finden. An diesem Grabe ist der Christenheit noch einmal geantwortet worden, was den Jüngern, als sie dort den Leib des Herrn suchten: "Was suchet ihr den Lebendigen bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden" 2)
1) Psalm 16, 10; [>>>] Apostelgesch. 2, 27. 31; 13, 35 [>>>] 2) Lukas 24, 5. 6 [>>>]
( Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie/Zweiter Abschnitt: Das Mittelalter/Zweites Kapitel. Die Kreuzzüge)
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Siehe auch: >>> Aus dem eigenhändig von Hegel geschriebenen Hefte vom Jahre 1821. >>>
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Gegenwart:
Notwendiges Kreuz der Reflexion und des Eigendünkels.
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“Man kann etwa meinen, es könne ein Rechtssystem und einen Rechtszustand geben, der rein vernünftig - nur vernünftig sei, - Ideal, - man fordert, daß es so sein soll - höchste Forderung. Sie hat Richtiges in sich, aber auch Unrichtiges - Richtiges: die Vernunft soll das Herrschende sein, und ist es in einem gebildeten Staate - im Ganzen auch - mehr Vernunft darin, als man meint, davon ist schon gesprochen; Gegenwart erscheint der Reflexion, besonders dem Eigendünkel als ein Kreuz, allerdings mit Nothwendigkeit - die Rose, d. i. die Vernunft in diesem Kreuz lehrt die Philosophie erkennen.”
Grundlinien der Philosophie des Rechts/Einleitung/(zu §3 >>>
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Wer denkt abstrakt?
Moralische Abstraktion und ihr Gegenteil: Kitsch, romantischer Vorschein auf die mörderischen Konsequenzen des aufkommenden Gutmenschentums.
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“ Denken? Abstrakt? - Sauve qui peut! Rette sich, wer kann! So höre ich schon einen vom Feinde erkauften Verräter ausrufen, der diesen Aufsatz dafür ausschreit, daß hier von Metaphysik die Rede sein werde. Denn Metaphysik ist das Wort, wie abstrakt und beinahe auch Denken, ist das Wort, vor dem jeder mehr oder minder wie vor einem mit der Pest Behafteten davonläuft. Es ist aber nicht so bös gemeint, daß, was denken und was abstrakt sei, hier erklärt werden sollte. Der schönen Welt ist nichts so unerträglich als das Erklären. Mir selbst ist es schrecklich genug, wenn einer zu erklären anfängt,denn zur Not verstehe ich alles selbst. Hier zeigte sich die Erklärung des Denkens und des Abstrakten ohnehin schon als völlig überflüssig; denn gerade nur, weil die schöne Welt schon weiß,was das Abstrakte ist, flieht sie davor.Wie man das nicht begehrt, was man nicht kennt,so kann man es auch nicht hassen. (...) Sie bestreute und beband das Rad und den Verbrecher, der darauf geflochten war, mit Blumenkränzen. - Dies ist aber wieder die entgegengesetzte Abstraktion. Die Christen mögen wohl Rosenkreuzerei oder vielmehr Kreuzroserei treiben, das Kreuz mit Rosen umwinden. Das Kreuz ist der längst geheiligte Galgen und Rad. Es hat seine einseitige Bedeutung, das Werkzeug entehrender Strafe zu sein, verloren und kennt im Gegenteil die Vorstellung des höchsten Schmerzes und der tiefsten Verwerfung, zusammen mit der freudigsten Wonne und göttlicher Ehre. Hingegen das Leipziger [Kreuz], mit Veilchen und Klatschrosen eingebunden, ist eine Kotzebuesche Versöhnung, eine Art liederlicher Verträglichkeit der Empfindsamkeit mit dem Schlechten. ...”
Wer denkt abstrakt? [1807] > weiter lesen> >>>
Hegels satirische Schrift
(Morgenblatt für gebildete Stände, erschien ab 1. 1. 1807; am 2. 1. 1807 wurde ein Preis für eine Satire ausgeschrieben.
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“Indem nun der Tod außer dem, daß er der natürliche Tod ist, auch noch der Tod des Missetäters, der entehrendste Tod am Kreuze ist, so ist darin nicht nur das Natürliche, sondern auch die bürgerliche Entehrung, die weltliche Schande. Das Kreuz ist verklärt; das in der Vorstellung Niedrigste, das, was der Staat zum Entehrenden bestimmt hat, ist zum Höchsten verkehrt. Der Tod ist natürlich; jeder Mensch muß sterben. Aber indem die Entehrung zur höchsten Ehre gemacht ist, so sind alle Bande des menschlichen Zusammenlebens in ihrem Grunde angegriffen, erschüttert und aufgelöst. Wenn das Kreuz zum Panier erhoben ist, und zwar zum Panier, dessen positiver Inhalt zugleich das Reich Gottes ist, so ist die innere Gesinnung in ihrem tiefsten Grunde dem bürgerlichen und Staatsleben entzogen und die substantielle Grundlage desselben hinweggenommen, so daß das ganze Gebäude keine Wirklichkeit mehr, sondern eine leere Erscheinung ist, die bald krachend zusammenstürzen und, daß sie nicht mehr an sich ist, auch im Dasein manifestieren muß.
Ihrerseits entehrte die kaiserliche Gewalt alles, was Achtung und Würde unter den Menschen hat. Das Leben eines jeden Individuums stand in der Willkür des Kaisers, die von nichts innerlich oder äußerlich beschränkt war. Aber außer dem Leben wurden alle Tugend, Würde, Alter, Stand, Geschlecht, alles wurde durch und durch entehrt. Der Sklave des Kaisers war nach ihm die höchste Macht oder hatte noch mehr Macht als er selbst; der Senat schändete sich ebenso, als er vom Kaiser geschändet wurde. So wurde die Majestät der Weltherrschaft wie alle Tugend, Recht, Ehrwürdigkeit von Instituten und Verhältnissen, die Majestät von allem, was für die Welt gilt, in den Kot gezogen. So machte der weltliche Regent der Erde seinerseits das Höchste zum Verachtetsten und verkehrte von Grund aus die Gesinnung, so daß im Innern der neuen Religion, die ihrerseits das Verachtetste zum Höchsten, zum Panier erhob, nichts mehr entgegenzusetzen war. Alles Feste, Sittliche, in der Meinung Geltende ...”
Hegel: Vorlesungen über die Geschichte der Religion >>>
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“Wie der Gott, obwohl geistige, allgemeine Macht, von der Natürlichkeit herkommt, so muß er auch zum Elemente seiner Gestaltung das Natürliche haben, und es muß zur Erscheinung kommen, daß eben das Natürliche die Weise des Ausdrucks des Göttlichen ist. Der Gott erscheint so im Stein, und das Sinnliche gilt noch als angemessen für den Ausdruck des Gottes als Gottes. Erst wenn der Gott selbst als dieser Einzelne erscheint und offenbart, der Geist, das subjektive Wissen vom Geist als Geist sei die wahrhafte Erscheinung Gottes, dann erst wird die Sinnlichkeit frei; d. h. sie ist nicht mehr dem Gotte vermählt, sondern zeigt sich seiner Gestalt als unangemessen: die Sinnlichkeit, unmittelbare Einzelheit wird ans Kreuz geschlagen. In dieser Umkehrung zeigt sich aber dann auch, daß diese Entäußerung Gottes zur menschlichen Gestalt nur eine Seite des göttlichen Lebens ist, denn diese Entäußerung und Manifestation wird in dem Einen, der so erst als Geist für den Gedanken und für die Gemeinde ist, zurückgenommen; dieser einzelne, existierende, wirkliche Mensch wird aufgehoben und als Moment, als eine der Personen Gottes in Gott gesetzt. So erst ist der Mensch als dieser Mensch wahrhaft in Gott, so ist die Erscheinung des Göttlichen absolut und ihr Element der Geist selbst. Die jüdische Vorstellung, daß Gott wesentlich, aber nur für den Gedanken ist, und die Sinnlichkeit der griechischen schönen Gestalt sind in diesem Prozeß des göttlichen Lebens gleicherweise enthalten und als aufgehoben von ihrer Beschränktheit befreit. “ >>>
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Indes muß uns schon der Umstand auffallen, daß dies Paradies, dies saturnische Zeitalter vorgestellt wird als ein verlorenes; schon darin liegt die Andeutung, daß eine solche Vorstellung nicht das Wahrhafte enthalte, denn in der göttlichen Geschichte gibt es keine Vergangenheit, keine Zufälligkeit. >>>
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Das Ziel, das absolute Wissen, oder der sich als Geist wissende Geist hat zu seinem Wege die Erinnerung der Geister, wie sie an ihnen selbst sind und die Organisation ihres Reiches vollbringen. Ihre Aufbewahrung nach der Seite ihres freien in der Form der Zufälligkeit erscheinenden Daseins ist die Geschichte, nach der Seite ihrer begriffnen Organisation aber die Wissenschaft des erscheinenden Wissens; beide zusammen, die begriffne Geschichte, bilden die Erinnerung und die Schädelstätte des absoluten Geistes, die Wirklichkeit, Wahrheit und Gewißheit seines Throns, ohne den er das leblose Einsame wäre; nur -
aus dem Kelche dieses Geisterreiches schäumt ihm seine Unendlichkeit.
Georg Wilhelm Friedrich Hegel Phänomenologie des Geistes Das absolute Wissen (1807)
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