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                                                                                                                                manfred herok    2014

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Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber,
daß der „Ausnahmezustand“,
in dem wir leben, die Regel ist.
Wir müssen zu einem Begriff der Geschichte kommen,
der dem entspricht.
Dann wird uns als unsere Aufgabe die Herbeiführung des wirklichen Ausnahmezustands vor Augen stehen;
und dadurch wird unsere Position im Kampf gegen den Faschismus sich verbessern.
Dessen Chance besteht nicht zuletzt darin, daß die Gegner ihm im Namen des Fortschritts als einer historischen Norm begegnen.
- Das Staunen darüber,
daß die Dinge, die wir erleben, im zwanzigsten Jahrhundert „noch“ möglich sind,
ist kein philosophisches.
Es steht nicht am Anfang einer Erkenntnis, es sei denn der,
daß die Vorstellung von Geschichte,
aus der es stammt, nicht zu halten ist.

Benjamin

* 15. Juli 1892
in Charlottenburg;
† 26. Sept. 1940 in Portbou

Walter Benjamin, Geschichtsthesen, These VIII:  
 (>>>These IX/   Der Engel der Geschichte)

»Die kopernikanische Wendung in der geschichtlichen Anschauung  ist dies: ... >

Benjamin, Theologisch-politisches Fragment

Erst der Messias selbst vollendet alles historische Geschehen,
und zwar in dem Sinne, daß er dessen Beziehung auf das Messianische selbst erst erlöst, vollendet, schafft.
Darum kann nichts Historisches von sich aus sich auf Messianisches beziehen wollen.
Darum ist das Reich Gottes nicht das Telos der historischen Dynamis;
es kann nicht zum Ziel gesetzt werden.
Historisch gesehen ist es nicht Ziel, sondern Ende.
Darum kann die Ordnung des Profanen nicht am Gedanken des Gottesreiches aufgebaut werden,
darum hat die Theokratie keinen politischen sondern allein einen religiösen Sinn.
Die politische Bedeutung der Theokratie mit aller Intensität geleugnet zu haben ist das größte Verdienst von Blochs »Geist der Utopie«.
Die Ordnung des Profanen hat sich aufzurichten an der Idee des Glücks.
Die Beziehung dieser Ordnung auf das Messianische ist eines der wesentlichen Lehrstücke der Geschichtsphilosophie.
Und zwar ist von ihr aus eine mystische Geschichtsauffassung bedingt,
deren Problem in einem Bilde sich darlegen läßt.
Wenn eine Pfeilrichtung das Ziel, in welchem die Dynamis des Profanen wirkt, bezeichnet, eine andere die Richtung der messianischen Intensität,
so strebt freilich das Glückssuchen der freien Menschheit von jener messianischen Richtung fort, aber wie eine Kraft durch ihren Weg eine andere auf entgegengesetzt gerichtetem Wege zu befördern vermag,
so auch die profane Ordnung des Profanen das Kommen des messianischen Reiches.
Das Profane also ist zwar keine Kategorie des Reichs,
aber eine Kategorie, und zwar der zutreffendsten eine, seines leisesten Nahens.
Denn im Glück erstrebt alles Irdische seinen Untergang, nur im Glück aber ist ihm der Untergang zu finden bestimmt.
- Während freilich die unmittelbare messianische Intensität des Herzens,
des innern einzelnen Menschen durch Unglück,
im Sinne des Leidens hindurchgeht.
Der geistlichen restitutio in integrum, welche in die Unsterblichkeit einführt,
entspricht eine weltliche, die in die Ewigkeit eines Unterganges führt und der Rhythmus dieses ewig vergehenden, in seiner Totalität vergehenden, in seiner räumlichen,
aber auch zeitlichen Totalität vergehenden Weltlichen, der Rhythmus der messianischen Natur, ist Glück.
Denn messianisch ist die Natur aus ihrer ewigen und totalen Vergängnis.
Diese zu erstreben, auch für diejenigen Stufen des Menschen, welche Natur sind, ist die Aufgabe der Weltpolitik, deren Methode Nihilismus zu heißen hat.

[Hervorhebung von mir/M.H.]


Über den Begriff der Geschichte  These IX

Es gibt ein Bild von Klee, das Angelus Novus heißt.

Ein Engel ist darauf dargestellt, der aussieht,
wäre er im Begriff, sich von etwas zu entfernen,
worauf er starrt.
Seine Augen sind aufgerissen, sein Mund steht offen und seine Flügel sind ausgespannt.

Der Engel der Geschichte muß so aussehen.
Er hat das Antlitz der Vergangenheit zugewendet.
Wo eine Kette von Begebenheiten vor uns erscheint,
da sieht er eine einzige Katastrophe,
die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße schleudert.
Er möchte wohl verweilen,
die Toten wecken und das Zerschlagene zusammenfügen.
Aber ein Sturm weht vom Paradiese her,
der sich in seinen Flügeln verfangen hat und so stark ist, daß der Engel sie nicht mehr schließen kann.                    
Dieser Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst.

Das, was wir den Fortschritt nennen, ist dieser Sturm.

  • Je mehr sich nämlich die gesellschaftliche Bedeutung einer Kunst vermindert, desto mehr fallen - wie das deutlich angesichts der Malerei sich erweist - die kritische und die geniessende Haltung des Publikums auseinander.   >>>

In dem Genusse wird die Individualität zwar für sich oder als einzelne,
aber dieser Genuß selbst ist Resultat
des allgemeinen Tuns;
so wie er gegenseitig die allgemeine Arbeit und den Genuß aller hervorbringt.
Das Wirkliche hat schlechthin die geistige Bedeutung, unmittelbar allgemein zu sein.
Es meint wohl in diesem Momente jeder Einzelne eigennützig zu handeln;
denn es ist das Moment,
worin er sich das Bewußtsein gibt,
für sich zu sein,
und er nimmt es deswegen nicht für etwas Geistiges;
allein auch nur äußerlich angesehen,
zeigt es sich,
daß in seinem Genusse jeder allen zu genießen gibt, in seiner Arbeit ebenso für alle arbeitet als für sich, und alle für ihn.
Sein Für-sich-sein ist daher
an sich allgemein und der Eigennutz etwas nur Gemeintes,
das nicht dazu kommen kann,
dasjenige wirklich zu machen,
was es meint, nämlich etwas zu tun,
das nicht allen zugut käme.

HEGEL Kontext>>>

KleeAngulus

Bild >>>

"Ich denke mir", schrieb Walter Benjamin,
"dem würde der Schlüssel zu Kafka in die Hände fallen,
der der jüdischen Theologie ihre komischen Seiten abgewönne."

>>>  Franz Kafka


"Alle Bemühungen um die Ästhetisierung der Politik gipfeln in einem Punkt. Dieser eine Punkt ist der Krieg."
- Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Frankfurt am Main 1966, S. 42.                                                                                                                                   

"Das Leben ist Bewegung, und diese Bewegung dirigiert von dem, was den Menschen bewegt: Ehrgeiz, Macht, Vergnügen."
 "Die Art und Weise, in der die menschliche Sinneswahrnehmung sich organisiert - das Medium, in dem sie erfolgt - ist nicht nur natürlich, sondern auch geschichtlich bedingt."

- Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Frankfurt am Main 1966, S. 14


"Die Einzigartigkeit des Kunstwerks ist identisch mit seinem Eingebettetsein in den Zusammenhang der Tradition."
- Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Frankfurt am Main 1966, S. 16


"Es ist von jeher eine der wichtigsten Aufgaben der Kunst gewesen, eine Nachfrage zu erzeugen, für deren volle Befriedigung die Stunde noch nicht gekommen ist."
- Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Frankfurt am Main 1966, S. 36


"Jede Mitteilung geistiger Inhalte ist Sprache."
- Über Sprache überhaupt und über die Sprache des Menschen, in: Sprache und Geschichte. Philosohische Essays, Stuttgart 2000, S. 30


"Nur um der Hoffnungslosen willen ist uns die Hoffnung gegeben."

- Goethes Wahlverwandtschaften, Gesammelte Schriften I.1, Frankfurt am Main 1991,
S. 201

 

  • Innerhalb grosser geschichtlicher Zeiträume verändert sich mit der gesamten Daseinsweise der menschlichen Kollektiva auch die Art und Weise ihrer Sinneswahrnehmung. Die Art und Weise, in der die menschliche Sinneswahrnehmung sich organisiert - das Medium, in dem sie erfolgt - ist nicht nur natürlich, sondern auch geschichtlich bedingt.
     
  • Je mehr sich nämlich die gesellschaftliche Bedeutung einer Kunst vermindert, desto mehr fallen - wie das deutlich angesichts der Malerei sich erweist - die kritische und die geniessende Haltung des Publikums auseinander. Das Konventionelle wird kritiklos genossen, das wirklich Neue kritisiert man mit Widerwillen. Im Kino fallen kritische und geniessende Haltung des Publikums zusammen.
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