Selbstzweck - Negation des Negativen
“Das Lebendige begibt sich immer in die Gefahr, hat immer ein Anderes an ihm, verträgt aber diesen Widerspruch, was das Unorganische nicht kann. Da Leben ist aber zugleich das Auflösen dieses Widerspruchs, und darin besteht das Spekulative, während nur für den Verstand der Widerspruch unaufgelöst ist. Das Leben kann also nur spekulativ gefaßt werden, denn im Leben existiert eben das Spekulative. Das fortdauernde Tun des Lebens ist somit der absolute Idealismus; es wird zu einem Anderen, das aber immer aufgehoben wird. Wäre das Leben Realist, so hätte es Respekt vorm Äußeren; aber es hemmt immer die Realität des Anderen und verwandelt sie sich selbst. Erst das Leben ist so das Wahre; es ist höher als die Sterne und die Sonne, die wohl ein Individuum, aber kein Subjekt ist.”
G.W.F.Hegel Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse Dritte Abteilung. Organische Physik § 337 >>>
Der Individualität des chemischen Körpers kann sich eine fremde Macht bemächtigen; das Leben hat aber sein Anderes an ihm selbst, es ist eine abgerundete Totalität in sich, - oder es ist Selbstzweck. War der erste Teil der Naturphilosophie Mechanismus, das Zweite in seiner Spitze Chemismus, so ist dies Dritte Teleologie (s. § 194 Zus. 2). Das Leben ist Mittel, aber nicht für ein Anderes, sondern für diesen Begriff; es bringt seine unendliche Form immer hervor. Schon Kant bestimmte das Lebendige als Zweck für sich selbst. Die Veränderung ist nur zum Behufe des Begriffs vorhanden, ist nur Veränderung des Andersseins des Begriffs, und in dieser Negation des Negativen, in dieser absoluten Negativität allein ist es, daß er bei sich bleiben kann. Das Organische ist schon an sich das, was es wirklich ist; es ist die Bewegung seines Werdens. Aber was das Resultat ist, ist auch das Vorhergehende, - der Anfang ist dasselbe, was das Ende ist; dies, was bisher nur unser Erkennen war, ist jetzt in die Existenz getreten. >>>
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