“- Man hat der Jugend eingeredet, sie besitze das Wahre (in der Religion und im Sittlichen) schon, wie sie geht und steht. Insbesondere hat man auch in dieser Rücksicht gesagt, die sämtlichen Erwachsenen seien versunken, verholzt und verknöchert in der Unwahrheit. Der Jugend sei die Morgenröte erschienen, die ältere Welt aber befinde sich im Sumpf und Morast des Tages. Die besonderen Wissenschaften hat man dabei als etwas bezeichnet, das allerdings erworben werden müsse, aber als bloßes Mittel für äußere Lebenszwecke. Hier ist es also nicht Bescheidenheit, welche von der Erkenntnis und vom Studium der Wahrheit abhält, sondern die Überzeugung, daß man die Wahrheit schon an und für sich besitze. Die Älteren setzen nun allerdings ihre Hoffnung auf die Jugend, denn sie soll die Welt und die Wissenschaft fortsetzen. Aber diese Hoffnung wird nur auf die Jugend gesetzt, insofern sie nicht bleibt, wie sie ist, sondern die saure Arbeit des Geistes übernimmt. Es gibt noch eine andere Gestalt der Bescheidenheit gegen die Wahrheit. Dieses ist die Vornehmheit gegen die Wahrheit, die wir bei Pilatus sehen, Christus gegenüber. Pilatus fragte "was ist Wahrheit?" in dem Sinne dessen, der mit allem fertig geworden ist, dem nichts mehr Bedeutung hat, - in dem Sinn, in welchem Salomon sagt: "alles ist eitel". - Hier bleibt nur die subjektive Eitelkeit übrig.”
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